Wohnung mieten, Wohnung kaufen. Aber privat bauen?

Entdecken Sie, wie sich der Wohnungsmarkt verändert hat und warum es immer schwieriger wird, erschwinglich eine Wohnung mieten zu können. Wie hängen verschärfte Bauregulierungen oder erhöhte Zinsen mit dem Rückzug privater Bauherren zusammen? Und wie beeinflusst das die Mietpreise? - Wir geben die Antwort.

Sie möchten eine Wohnung mieten und sind aktuell auf der Suche? Dabei ist Ihnen bestimmt schon aufgefallen, dass die verfügbaren Optionen nicht nur begrenzt sind, sondern auch die Mietpreise sehr hoch sind: Ein Blick auf den nationalen Trend zeigt, dass der Mietpreisindex für Wohnungen in der Schweiz von 2000 bis 2023 von  auf 100,2 auf 133,7 gestiegen ist (Basis Mai 2000 = 100). Das entsirpcuth einem Anstieg von etwas 34% inerhalb von 23. Jahren.

Eine Studie der Raiffeisen-Bank zeigt nun, dass die gestiegenen Mietpreise ein direktes Ergebnis des Rückgangs privater Bauinitiativen sind. Der Grund dafür – in der aktuellen Immobilienlandschaft werden Bauherren mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die den Wohnungsbau komplizierter machen als je zuvor.

Während früher beim Bau eines Einfamilienhauses vor allem darauf geachtet wurde, einfache baurechtliche Normen zu erfüllen und schnell voranzuschreiten, müssen heute beispielsweise strenge Energieeffizienzstandards eingehalten werden. Diese umfassen unter anderem  thermische Isolierungsmassnahmen sowie den Einsatz erneuerbarer Energien. Dadurch werden Bauprojekte teurer, sie dauern länger und gestalten sich komplexer in der Umsetzung. Private Bauherren stellt das vor ein Problem bei der Realisierung des Eigenheims.

Anteil von Privathaushalten als Bauherren an allen Baugesuchen (%) ...

... vs. Entwicklung des Mitpreisindex
(Basis 2000 = 100)

Wohnung mieten: Eine immer größere Herausforderung durch den Rückzug privater Bauherren

Während sich im Jahr 2001 noch 40% der Baugesuche von Privatpersonen eingereicht wurden, hat sich der Anteil im Jahr 2023 auf 18% mehr als halbiert. Betroffen darunter ist auch der Bau von Mietwohnungen – nur mehr jede zehnte neue Mietwohnung wird von privaten Bauherren geplant.

Welche Gründe stecken dahinter?

Der Verdichtungszwang ist eine städtebauliche Strategie, die die städtische Expansion begrenzt und eine effiziente Raumnutzung fördert. Für private Bauherren bedeutet dies, dass sie auf bereits entwickelten Flächen bauen müssen, was die Projektkomplexität und -kosten erhöht. Zudem kann dies zu Widerstand in der lokalen Bevölkerung führen, was oft weitere Verzögerungen im Bauprozess nach sich zieht.

Der Trend zu größeren Gebäuden wird von großen institutionellen Bauherren vorangetrieben, die durch Skaleneffekte Kosten senken und Gewinne steigern. Dies steht oft im Kontrast zu privaten Bauherren, die kleinere Projekte bevorzugen, da größere Vorhaben mehr Kapital und komplexere Planung erfordern und höhere Risiken bergen. Dies kann für kleinere Bauherren eine Markteintrittsbarriere darstellen und die Vielfalt im Wohnungsbau einschränken.

Die zunehmende Menge an bau- und umweltrechtlichen Vorschriften hat die Baubranche in der Schweiz tiefgreifend verändert. Für jeden Aspekt eines Bauprojekts, von der Planung über den Bau bis hin zum Betrieb, existieren detaillierte Regulierungen, die eingehalten werden müssen. Diese Vorschriften sollen zwar die Qualität und Nachhaltigkeit der Bauvorhaben sicherstellen, führen aber auch zu einem erheblichen Mehraufwand in der Projektabwicklung. Private Bauherren, die oft nicht über die Ressourcen verfügen, um spezialisiertes Personal für die Einhaltung dieser Vorschriften einzustellen, sehen sich somit einem komplexen und oft entmutigenden Regelwerk gegenüber. Diese Regulierungsflut kann zu Verzögerungen führen, die Rentabilität von Projekten mindern und letztlich einige Bauherren vom Markt verdrängen.

Historisch niedrige Zinsen hatten den Wohnungsbau zuvor angekurbelt, da sie die Finanzierungskosten senkten und Investitionen in Immobilien attraktiver machten. Mit dem Anstieg der Zinsen zwischen 2021 und 2023, bedingt durch Inflation und straffere Geldpolitik, haben sich jedoch die Bedingungen grundlegend geändert. 

Erhöhte Zinsen bedeuten vor allem höhere Finanzierungskosten. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Rentabilität von Bauprojekten aus, da sowohl die Kosten für vorhandene Kredite steigen als auch die Aufnahme neuer Kredite teurer wird. Für private Bauherren, die oft stark von Fremdkapital abhängig sind, erhöhen sich dadurch die Hürden für die Durchführung von Bauprojekten erheblich. Zudem beeinflusst der Zinsanstieg die Immobilienpreise negativ, da höhere Zinsen die Kapitalkosten erhöhen und somit die Investitionsrendite sinkt. Dies führt dazu, dass weniger neue Wohnungen gebaut werden, was wiederum das Angebot an verfügbaren Mietwohnungen verringert und somit das Wohnung mieten teurer macht.

Die Notwendigkeit, für Bauprojekte Kredite aufnehmen zu müssen, macht sie besonders anfällig für Schwankungen der Kreditkonditionen und Zinssätze. Steigende Zinsen und strenge Kreditvergabekriterien erhöhen die Finanzierungskosten und können die Realisierung von Bauprojekten erheblich erschweren. Dies schränkt insbesondere kleinere Bauherren ein, deren Kapitalzugang begrenzt ist und die stark von externer Finanzierung abhängig sind.

Der Rückgang handwerklicher Fähigkeiten wird zunehmend zum Problem im Wohnungsbau, insbesondere für private Bauherren, die auf qualifizierte lokale Handwerker angewiesen sind. Qualifikationsmängel führen oft zu Bauverzögerungen und minderer Qualität, was zusätzliche Kosten für Korrekturen nach sich ziehen kann. Dies erschwert es, Bauprojekte effektiv und kosteneffizient umzusetzen.

Auch Immobilien und institutionelle Investoren zogen sich zurück

Der Rückzug privater Bauherren blieb lange unbemerkt, da professionelle Anbieter wie Immobilienfirmen und institutionelle Investoren die Lücke füllten. Sie konnten durch größere Ressourcen und effizientes Projektmanagement den Mangel an privaten Bauprojekten ausgleichen und von Synergien profitieren. 

Im Gegensatz zu Privatpersonen verfügen institutionelle Investoren über erheblich mehr Kapital, was ihnen die Finanzierung größerer Bauprojekte ermöglicht. Sie nutzen fortgeschrittene Technologien und realisieren durch Massenproduktion Kostenvorteile, während sie durch spezialisierte Teams für Marktanalysen und Risikomanagement gut gegen Marktschwankungen geschützt sind. Dies befähigt sie, den Wohnungsmarkt effektiver zu beeinflussen und die Bedingungen zu dominieren.

Diese Profitabilität hielt die Bautätigkeit bis etwa 2020 auf einem hohen Niveau, was insbesondere für diejenigen die zu dem Zeitpunkt, die eine Wohnung mieten wollten, von Vorteil war. Ansonsten hätte das knapper werdende Angebot die Situation weiter verschärft, was zu einem noch stärkeren Anstieg der Mietpreise geführt hätte.

Allerdings hat die Zinswende auch die Finanzierungskosten geschäftlicher Anbieter erhöht, wodurch deren Rentabilität bei Investitionen in Immobilien beeinträchtigt wird. Die Konsequenz: Eine rückläufige Initiierung neuer Projekte seit 2020 auch vonseiten institutioneller Investoren.

Die Auswirkung: Wohnung mieten wird teurer

Das zunehmend reduzierte Angebot trifft auf eine steigende Nachfrage, insbesondere in städtischen Gebieten, in denen der Wohnraumbedarf besonders hoch ist. Wer jetzt eine Wohnung mieten möchte, sieht sich mit höheren Kosten konfrontiert, was den Zugang zu erschwinglichem Wohnraum weiter erschwert.

Neben geringer Neubautätigkeiten steigen die Mietpreise aufgrund von allgemeinen Kostensteigerungen im Bauwesen, die durch höhere Material- und Arbeitskosten verursacht werden. Diese Kosten werden oft direkt an die Mieter weitergegeben, insbesondere bei Neubauten oder umfassend renovierten Immobilien. Darüber hinaus führen strenge Bauregulierungen und langwierige Genehmigungsverfahren zu Verzögerungen bei der Fertigstellung neuer Wohnprojekte, was das Angebot weiter verknappen und die Mieten zusätzlich erhöhen kann. In Gebieten, wo die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt, führen solche Verzögerungen zu einer noch schnelleren Preissteigerung.

Wohnung mieten wieder erschwinglich machen – diese Anreize braucht es

Um die Spirale der Mietpreissteigerungen zu durchbrechen, sind politische und wirtschaftliche Anstrengungen notwendig. Verschiedene Maßnahmen würden dazu beitragen, den Wohnungsmarkt zu entspannen und Mieten zu stabilisieren – so kann denjenigen, die eine Wohnung mieten möchten, der Prozess der Wohnungssuche erheblich vereinfacht werden:

  • Deregulierung und Vereinfachung der Bauprozesse: Eine der Hauptursachen für die Zurückhaltung privater Bauherren sind die komplexen und zeitaufwendigen Genehmigungsverfahren. Eine Deregulierung könnte den Bauprozess beschleunigen und private sowie institutionelle Investoren ermutigen, mehr Wohnraum zu schaffen. Ein steigendes Wohnungsangebot wiederum ermöglicht es zu einem bezahlbaren Preis eine Wohnung mieten zu können.

  • Förderung privater Bauherren: Subventionen, steuerliche Erleichterungen oder verbilligte Kredite könnten private Investitionen zum Wohnungsbau motivieren und dazu beitragen, das Angebot zu erhöhen.

  • Anpassung der Raumplanung: Die momentane Raumplanungspolitik, die eine Verdichtung in den Städten fördert, muss flexibler gestaltet werden, um den Bedürfnissen und Kapazitäten privater Bauherren entgegenzukommen. Eine angepasste Planung könnte dazu beitragen, dass mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird.

  • Stärkung des sozialen Wohnungsbaus: Ein verstärkter Fokus auf den sozialen Wohnungsbau kann dabei helfen, eine Wohnung mieten für einkommensschwache Haushalte erschwinglicher zu machen. Öffentliche Investitionen in Wohnprojekte, die preisgünstige Mieten garantieren, sind hierbei essenziell.

  • Nutzung bestehender Strukturen: Die Umnutzung von leerstehenden Büroflächen oder alten Industriegebäuden in Wohnraum kann eine schnelle und ressourcenschonende Möglichkeit bieten, das Wohnungsangebot zu erhöhen. Diese Strategie kann insbesondere in städtischen Gebieten effektiv sein, wo der Raum knapp ist.

  • Transparente und faire Mietpreissetzung: Um die Mietpreisdynamik zu bremsen, könnte die Einführung eines transparenteren Mietpreismodells, das auf nachvollziehbaren und fairen Kriterien basiert, beitragen. Dies würde die Spekulation dämpfen und die Mietpreisentwicklung stabilisieren.